Ausstellungsarbeit ist Teamarbeit, deswegen tragen viele verschiedene Institutionen zu den Inhalten von “Apropos Sex” bei. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist eine von ihnen. Aber was macht die BZgA eigentlich und welche Rolle spielt sie für “Apropos Sex”? Wir stellen euch eine wichtige Partnerin vor.
Prävention und Aufklärung seit 1967
Museumsarbeit bedeutet für die BZgA gewissermaßen “zurück zu den Wurzeln”. Denn die Behörde ging 1967 aus dem Deutschen Gesundheits-Museum hervor. Seitdem ist sie als Fachbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit dafür zuständig, die Gesundheit der Bevölkerung durch Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen zu fördern. Sexualaufklärung ist dabei einer ihrer Schwerpunkte. Daher lag es für uns auf der Hand, die wegweisende Arbeit der BZgA als Ausstellungsthema mit aufzunehmen.
Seit fast 60 Jahren erstellt die Behörde Materialien zur Sexualaufklärung, etwa für Kindergärten und Schulen. Dabei ging sie immer von dem Grundverständnis aus, dass Sexualität ein existentielles Grundbedürfnis des Menschen und ein zentraler Bestandteil seiner Identität und Persönlichkeitsentwicklung ist.
Pionierrolle trifft auf gesellschaftliche Kontroversen
Weil Sexualität in unserer Gesellschaft von einer langen Geschichte der Tabuisierung geprägt ist, führte dieser Ansatz aber auch immer wieder zu gesellschaftlichen Kontroversen. Blickt man auf die Geschichte der Sexualaufklärung, lässt sich einiges darüber lernen, wie sich gesellschaftliche Werte und Normen in Bezug auf Sexualität und Aufklärung und die gesellschaftliche Auseinandersetzung darüber im Laufe der Zeit verändert haben.
So gab die BZgA zum Beispiel mit dem “Sexualkunde-Atlas” 1969 das erste Schulbuch zur sexuellen Bildung heraus und sorgte damit vor allem in konservativen Kreisen für Kritik. Die “Selbstverständlichkeit” der Darstellung sexueller Vorgänge würde die Jugend verderben, so einige der damaligen Kritiker:innen. Auch die fehlende Einbindung von Ehe und Familie waren vor allem konservativen Stimmen ein Dorn im Auge.
„Technische Darstellungen“ von Sexualität, „Ehe und Familie“ kommen nicht vor: Als die BZgA 1969 das erste deutsche Sexualkundelehrbuch veröffentlichte, hagelte es an Empörung. Grafiken: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Was von den Kritiker:innen nicht erkannt wurde: Die BZgA hatte die Aufgabe, fachlich fundiert und sachlich neutral über die natürliche Entwicklung von Körper und Sexualität zu informieren. Sie sollte damit zur reproduktiven und sexuellen Gesundheit beitragen. Denn über die Entwicklung des eigenen Körpers und der eigenen Sexualität Bescheid zu wissen und sich damit auseinanderzusetzen, ist zentral, um eine eigen- und fremdverantwortliche Sexualität und eine selbstbestimmte Familienplanung zu leben.
An Bushaltestellen für sexuelle Gesundheit
Heute ist die BZgA vielen besonders durch ihre Kampagnen bekannt, darunter schon seit 1978 „Gib AIDS keine Chance“. Die Kampagne ist auch außerhalb Deutschlands bekannt und gilt im europäischen Vergleich als herausragendes Beispiel wirksamer Aufklärungsstrategien. Durch eine breite Aufklärung der Bevölkerung konnte die BZgA das Ausmaß der HIV-Infektionen erfolgreich eindämmen. Gleichzeitig wurde die Solidarität mit HIV-infizierten Menschen gestärkt, um Diskriminierung und Ausgrenzung entgegenzuwirken.
Die strategische Ausrichtung der Kampagne ist bis heute handlungsleitend für die gesamte Aufklärungsarbeit der BZgA. Die Kampagne „Gib AIDS keine Chance“ wurde ab 2016 unter dem neuen Titel „LIEBESLEBEN“ auf alle sexuell übertragbaren Infektionen ausgeweitet.
Seit 1978 gibt es die Kampagne „Gib AIDS keine Chance“. Aufklärung erreicht so breite Teile der Bevölkerung. Grafiken: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Für den Ausstellungsbereich “Aufgeklärt” haben wir einige Kampagnen-Plakate der BZgA aus den vergangenen Jahrzehnten zusammengestellt. Auch den “Sexualkundeatlas” und viele weitere Materialien der BZgA könnt ihr dort entdecken.
Wir sind froh, dass die BZgA, die seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle in der Sexualaufklärung einnimmt, mit historischen und aktuellen Exponaten in unserer Ausstellung vertreten ist. Ihre Arbeit zeigt: Wissen, Kompetenzen und ein offenes Gespräch über Sexualität sind für die sexuelle Gesundheit zentral. Dabei muss man manchmal auch Tabus brechen, um gesellschaftliche Fortschritte zu erreichen.