Museum für Kommunikation Nürnberg - Logo
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Eine Collage aus zwei Bildern. Links: Eine geöffnete rote Telefonzelle. Im Innenraum sieht man Werbepostkarten für Sexkontakte. Rechts: Eine alte Postkarte auf vergilbtem Papier. Eine junge Frau mit entblößter Brust sitzt auf einem Bett. Unterschrift: 'Mais je ne suis pas habillée!' - 'Cela ne fait rien, venez comme vous êtres.' (Deutsche Übersetzung, nicht im Bild: 'Aber ich bin doch gar nicht angezogen!' - 'Das macht nichts, kommen Sie so, wie Sie sind.')

In der Sammlung des Museums für Kommunikation Frankfurt lassen sich einige Objekte mit Bezug zu Sexualität finden. Links: Fotografie eines englischen Fernsprechhäuschen mit geöffneter Tür, innen Werbepostkarten für Sexkontakte (2005) – Rechts: Postkarte (um 1910) mit dem Text ‚Aber ich bin doch gar nicht angezogen!‘ – ‚Das macht nichts, kommen Sie so, wie Sie sind.’

nSex im Museum – was nach bildungsbürgerlichem Kopfkino klingt, steht ab Oktober 2024 im Museum für Kommunikation Frankfurt auf dem Ausstellungsprogramm. Diese Themenwahl mag in einem Haus der Museumsstiftung „Post und Telekommunikation“ erst mal irritieren. Warum „Sex“ im Kommunikationsmuseum aber goldrichtig ist und wie es von der ersten Idee zur konkreten Ausstellungsplanung kam, darauf wollen wir in diesem Beitrag blicken.

Sex in Medien- und Technologiegeschichte

„Wir sollten mal was über Erotik und Sexualität machen“, diesen Gedanken gibt es im Museum tatsächlich schon seit vielen Jahren. Denn die schwerpunktmäßige Beschäftigung mit Mediengeschichte im Haus zeigt: Sobald sich in der Vergangenheit eine neue Kommunikationstechnologie etabliert hat, wurden damit auch erotische Inhalte verbreitet. So waren bei der Ausstellung „Mensch Telefon. Aspekte telefonischer Kommunikation“ aus dem Jahr 2000 Telefonsex und der Dirty Talk erster Sextelefonist:innen Thema. Beim Blick in die Sammlung des Museums fällt auch eine überraschend große Anzahl an Postkarten leicht bekleideter Frauen beim Telefonieren auf. Im Radio spielt ebenfalls die Lust eine Rolle, die über das Hören hervorgerufen wird, so beispielsweise in der Reihe „Erotische Literatur“, die der MDR in den Jahren von 2000 bis 2008 herausgegeben hat.

Die Geschichte von Film und Fernsehen ist so alt wie deren Nutzung zur Darstellung von Sexualität. Schon zu Stummfilmzeiten wurden die Hüllen fallen gelassen: das zeigen erste erotische Filme wie „Le Coucher de la mariée“ (1896). Mit dem Einzug des TV in heimische Wohnzimmer in den 60ern waren Erotik- oder Softporno-Filme zu späten Sendezeiten erstmals als Massenmedium verfügbar. An „Liebesgrüße aus der Lederhose“, „Schulmädchenreport“ oder „Eis am Stiel“ können sich die älteren Generationen noch erinnern. Jüngere Menschen würden beim Thema „Sex und Mediengeschichte“ wohl eher an Pornoseiten, Fanfiction und Dating Apps denken. Genug Stoff für den Einzug ins Kommunikationsmuseum ist auf jeden Fall vorhanden.

Sex ist Kommunikation

In der Museumswelt gab es schon häufig Ausstellungen zu Sex und Sexualität, beispielsweise „Sex brennt“ im Medizinhistorischen Museum der Charité in Berlin, „100.000 Jahre Sex“ im Rheinischen Landesmuseum in Trier und „Geschlecht“ im Stapferhaus in Lenzburg. Steht die Grundidee, eine weitere Ausstellung über Sexualität zu machen, gilt es dann, einen eigenen Fokus und Zugang zum Thema zu formulieren. Das Museum für Kommunikation hat mit dem Schwerpunkt auf Medien, Kommunikation und dem technologischen Wandel eine einzigartige Perspektive auf diese Themen.

Einen ersten Aufschlag unter dem Arbeitstitel „Sex. Macht. Medien.“ formulierten Corinna Engel, Annabelle Hornung und Tine Nowak Anfang 2022. „Sex ist Kommunikation“ lautete der Grundgedanke ihres Konzepts. Mit einer sexpositiven und queer-feministischen Grundhaltung verstehen sie gelungene Kommunikation als Schlüssel zu einer erfüllten Sexualität und der Akzeptanz verschiedener sexueller Identitäten. Das Team legte den Fokus dabei auf Medien und Technologien und skizzierte eine Ausstellung, die zeigt, wie die Medienwelten, von denen wir umgeben sind, unsere Kommunikation über Sex und unsere Wünsche und unser Verlangen nach Sexualität beeinflussen. Warum das Thema ins Kommunikationsmuseum gehört, sollte spätestens jetzt außer Frage stehen.

Ausstellungsarbeit ist Teamarbeit

Museumsleiter Helmut Gold befürwortete das Ausstellungkonzept, womit sich das Kurator:innenteam an die Arbeit machte: Es wurde weiter geforscht, „Jour Fixe Sex“ wurde zu einem regelmäßigen Eintrag in den Terminkalendern und eine Projektstelle wurde ausgeschrieben. So gelangte Julia Marzoner ins Team, kuratorische Leitung der neue Ausstellung.

Wenn der Zugang zum Thema, der eigene Fokus und die erste Zusammensetzung des Teams geklärt ist, fängt die Arbeit erst an: Konzepte und Objekte werden recherchiert und diskutiert, Titel werden gebrainstormed und verworfen, Ausstellungsdesigner werden im Wettbewerb gesucht und engagiert, und vieles mehr. Auch inhaltliche Expert:innen werden so früh wie möglich in die Ausstellungsschmiede eingeladen – so nimmt die Ausstellung über viele Monate immer mehr Form an.

Der ganze Prozess vom ersten Aufschlag bis zur Ausstellungseröffnung dauert fast zwei Jahre. Auf unserem Expotizer, der digitalen Präsenz der Ausstellung, könnt ihr diesen Prozess begleiten und mit uns ins Gespräch kommen. Wir laden euch schon vor der Eröffnung dazu ein, an unserer Ausstellung mitzuarbeiten! Beteiligt euch an unserer Abstimmung oder hinterlasst uns in den Kommentaren eure Gedanken und Anregungen. Wir freuen uns auf den Austausch mit euch!

Wir freuen uns auf deinen Kommentar. Dabei sind uns respektvolle und konstruktive Debatten wichtig. Bitte beachte dazu unsere Netiquette.

2 Kommentare

  1. ALS ANREGUNG FÜR IHRE AUSSTELUNG:
    Zur Sexualität gehört auch AUFKLÄRUNG. Und die fehlt oft.
    Das war schon bei mir in der Schule (1965-1978) mäßig. In der Grundschule wurde uns ein Aufklärungsbuch eines katholischen Moraltheologen empfohlen. Da gings nicht um Lust sondern um Bienchen und Blümchen. Außerdem sollten die Buben und Mädchen keine unanständigen Wörter gebrauchen. In der Pubertät erzählte uns eine Biologielehrerin ein bisschen über Geschlechtskrankheiten und Verhütung (Pille, Spirale, Knaus-Ogino). Einmal sahen wir einen Film wie sich Schnecken gegenseitig besamen.
    Von meinen Eltern kam fast nichts, außer dass die Kinder nicht vom Klapperstorch gebracht werden sondern aus dem Bauch der Mutter kommen. Ich las dann bei Arztbesuchen viel Illustrierten und entdeckte dann bessere Literatur in der Stadtbücherei.
    Später fragte ich oft meine Partnerinnen und im Freundeskreis nach Aufklärungs-Erfahrungen. Die meisten Eltern duckten sich bei der Aufklärung weg. Eine Freundin hatte mit 11 schon ihre erste Monatsblutung, da erklärte ihr ihre Mutter, jetzt dürfe sie nichts mehr mit Jungs „machen“. Ein Schulfreund entdeckte früh seine Homosexualität, da sprach der Vater ein Jahr nicht mehr mit ihm. Der Gipfel war eine Bekannte (Mitte 20), die meinte, das erfahren die Kinder noch früh genug.
    Auch nach Jahren fröhlich gelebter Sexualität musste ich bei mir und meinen Partnerinnen entdecken, dass wir jede Menge offener Fragen hatten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Albert Knapp

    Antworten
    • Vielen Dank für Ihren Kommentar und das Teilen Ihrer Erfahrungen! Dem Thema „Aufklärung“ werden wir in „Apropos Sex“ tatsächlich einen eigenen Ausstellungsbereich widmen. Auch hier werden Sie die Gelegenheit haben, Ihren persönlichen Bezug mit uns und den Ausstellungsbesucher:innen zu teilen. Wir freuen uns, wenn Sie uns hier weiter verbunden bleiben und wenn wir Sie ab Oktober in der Ausstellung begrüßen dürfen!

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